Serhij Zhadan

Die Geschichte der Kultur zu Anfang des Jahrhunderts

Gedichte
Cover: Die Geschichte der Kultur zu Anfang des Jahrhunderts
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006
ISBN 9783518124550
Kartoniert, 96 Seiten, 9,00 EUR

Klappentext

Aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe. Nur in einer Umgebung, wo anachronistische Industrieanlagen wie Dinosaurier in der Landschaft liegen und als letzte Zeugen des grandiosen Sowjetexperiments vor sich hinrotten, konnte jene postproletarische Melancholie und Punkpoesie entstehen, die Sergiy Zhadan den Ruf des populärsten Lyrikers der Ukraine eingebracht hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.07.2006

Zunächst einmal betont Ulrich Schmid, dass er Serhij Zhadan nicht aufgrund seiner in Kulturkreisen derzeit schwer angesagten ukrainischen Nationalität, sondern aufgrund seiner literarischen Substanz empfiehlt. An den originellen als Prosaminiaturen angelegten Gedichten fallen dem Rezensenten der Verzicht aufs Schwärmerische und die nah am Volksmund operierende, dafür aber nicht weniger treffende Sprache auf. Immer wieder gehe es um den Tod, und immer wieder liefen die Stücke auf eine Pointe hinaus, manchmal beides zugleich. Zhadan selbst, der laut Rezensent schon jetzt die eben erst vergangene Jahrhundertwende als Historie betrachtet und verarbeitet, sei nicht nur der gesellschaftlichen Zeitrechnung voraus, sondern wirke mit seiner Reife als Dichter auch überhaupt nicht wie ein Dreißigjähriger.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.04.2006

Eine gehörige Portion an "Poesie und Provokation" stecke hinter dem so unpoetisch daherkommenden Titel, zeigt sich Rezensentin Cornelia Jentzsch begeistert. In der Ukraine firmiere der Autor seit seinem ersten Gedichtband als "Rimbaud von Charkow", einer Stadt, so die Rezensentin, die "tief in die Eingeweide des 20. Jahrhunderts" blicken lasse. In Serhij Zhadans Gedichten herrsche folgerichtig und unbestechlich eine derartig umfassende "Geschichtsmelancholie", dass selbst der häufig erwähnte Himmel wie die zerfallenen Industrieruinen unter ihm daherkomme. Alles sei vorhanden und "hoffnungslos veraltet" in Zhadans Welt, Telefonzentralen, "Erkenntnisse", Utopien. Alles quelle "hervor wie Tomaten aus aufgerissenen Dosen", heiße es bei Serjih Zhadan. Oder: "mit welchem Brei haben sie unsere Köpfe vollgestopft, all diese penetranten Ideen der Intellektuellen". Die Rezensentin versteht Zhadans "skalpellscharfe Analyse" der "Kultur zu Anfang des Jahrhunderts" als Spezifikum einer Generation, die in den 1970er Jahren geboren wurde. Als so genannter "postproletarischer Postpunk" halte der Autor ein "Fieberthermometer" in die noch offene Wunde des "grandiosen Sowjetexperiments", und, so die Diagnose von Cornelia Jentzsch, "die Temperatur ist bereits ziemlich hoch".
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