Abdulrazak Gurnah

Das versteinerte Herz

Roman.
Cover: Das versteinerte Herz
Penguin Verlag, München 2024
ISBN 9783328602675
Gebunden, 368 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Salim ist sieben und ein kleiner Träumer. Sein Leben ruht auf einigen scheinbar unerschütterlichen Säulen: der täglichen Routine von Schule und Koranunterricht, den geliebten Büchern und seinem angebeteten Onkel, der sich ihm - anders als sein Vater - nicht ständig entzieht. Aber es sind die 1970er-Jahre und folglich keine guten Zeiten für Träumer, denn der Geist des Wandels fegt über Sansibar. Plötzlich ist Salims Vater verschwunden und eine Revolution, Gewalt und Korruption erschüttern die Insel. Erst im Rückblick, als Teenager und Student, der sich seinen Weg durch die fremde und abweisende Stadt London bahnt, beginnt Salim zu begreifen, welche Schatten seine Familie in der Zeit des Umbruchs beherrschten. Salim sucht nach Antworten auf das, was damals geschah, und muss sich der Wahrheit über jene Menschen stellen, die ihm am nächsten standen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.04.2024

Ein reflektiertes Buch über Kolonialismus und rassistische Projektionen hat Abdulrazak Gurnah geschrieben, lobt Rezensent Thomas Steinfeld. Hauptfigur ist Salim, der in einem Nest in Sansibar aufwächst, später in London landet, dort jedoch nicht, wie geplant, als Ökonom reüssiert, sondern ein eher unstetes Leben führt. (Kolonial-)staatliche Gewalt spielt in der Geschichte ebenso eine Rolle wie diverse Rassismen sowie Verwicklungen privater Natur, stellt Steinfeld dar, im Hintergrund schwelt außerdem ein Familiengeheimnis. Ein scharfsichtiges, vielschichtiges Buch ist das, findet der Rezensent, der schließlich auch eine Erklärung dafür findet, warum der Autor seinen Figuren eine unglaubwürdige Menge an Wissen zuschreibt - wir sollen, glaubt Steinfeld, unsere eigenen Vorurteile über Menschen aus anderen Kulturkreisen hinterfragen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 24.04.2024

Das neue Buch von Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah beschäftigt sich mit den Umbrüchen nach Sansibars Unabhängigkeit vom britischen Protektorat, erklärt Rezensentin Sigrid Löffler. Es geht vor allem um eine Familie, deren Männer den wechselnden Regierungen und den weiterhin fortbestehenden kolonialistischen Strukturen  kritisch gegenüberstehen, aber sich dennoch mit ihnen arrangieren müssen, auch wenn dies die Aufgabe ihrer familiären Traditionen bedeutet, resümiert Löffler. Gurnah erzählt auf anschauliche Weise, so Löffler, eine "postkoloniale Entfremdungsgeschichte": seine Figur Salim zum Beispiel pendelt mit der Unterstützung seines Onkels, der hochrangiger Diplomat ist, zwischen Sansibar und London, fühlt sich aber nirgendwo beheimatet, lediglich entwurzelt. Ein "zutiefst melancholischer Roman", in dem sich Gurnahs pessimistische Haltung in Bezug auf die Möglichkeit den "neuen Kolonialismen der Gegenwart" zu entkommen, ausdrückt, schließt Löffler.