In einem langen, sehr nuancierten
Essay denkt
Richard Thompson Ford,
Juraprofessor in Stanford, darüber nach, wie stark
Sklaverei und Rassismus heute noch das Leben schwarzer Amerikaner bestimmen. Dass sie Folgen hatten, die noch zu spüren sind, ist klar, meint er. Aber sind sie wirklich
das Grundübel von allem? Von Kapitalismus, Polizeigewalt, Armut? Ford ist das zu einfach gedacht: "Die Schrecken der Sklaverei waren reale und objektive Tatsachen. Aber die
Gemeinschaft, die durch die Sklaverei definiert wurde, ist, wie alle Gemeinschaften, die durch Landkarten, Flaggen, Hymnen, Museen, politische Institutionen und militärische Macht definiert werden,
eine Vorstellung. Das bedeutet nicht, dass sie unbedeutend oder phantastisch ist, sondern nur, dass sie nicht direkt
als solche erfahren werden kann - sie muss aus den Fragmenten kleinerer Begegnungen, Symbole und Geschichten über bedeutende Unterschiede und Umstände über Jahrhunderte hinweg imaginativ rekonstruiert werden. Und die Phantasie kann ein unzuverlässiger Erzähler sein. Eine Darstellung der zeitgenössischen Rassenungleichheit, die sich unerbittlich auf die Sklaverei konzentriert, ist unvollständig und verzerrt. In einer solchen Darstellung, die eigentlich eine Mythologie ist, wird die Sklaverei zu einer
transhistorischen Kraft, die unvermittelt nach außen dringt und allzu leicht soziale Muster zu erklären scheint, die komplexe und vielfältige Ursachen haben. Wenn das Erbe der Sklaverei die heutige Rassenunterdrückung definiert, welcher Raum bleibt dann noch für die universelleren Übel des
ausbeuterischen Kapitalismus, der kastenähnlichen sozialen Hierarchie, des strafenden Moralismus und der
banalen technokratischen Bösartigkeit der modernen Zivilisation, wie sie von Hannah Arendt und den Philosophen der Frankfurter Schule in Kontexten erforscht wurden, die weit von den Übeln der Sklaverei entfernt, aber von anderen unaussprechlichen Übeln durchdrungen sind?"