Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
11.01.2005. Im ES-Magazin rast Adam Bodor in die unergründliche Dämmerung des tobenden russischen Winters. Im Express erklärt Bernard-Henri Levy, warum er ein besserer Stratege ist als seine Gegner. In Foreign Affairs fordert Francis Fukuyama von George W. Bush eine Neuordnung Südostasiens. In Plus-Minus rät Zbigniew Brzezinski den USA, besser Anführer statt Hegemon zu sein. Der New Yorker bringt eine Reportage über junge Offiziere im Irak. Der Economist widmet sich einer winzigen, sich abmühenden Spezies - den Intellektuellen. In Foreign Policy erklärt Josef Joffe, warum der Nahe Osten viel schlimmer dran wäre, wenn es Israel nicht gäbe.
Elet es Irodalom (Ungarn), 07.01.2005
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Das neue Buch des Kulturtheoretikers Laszlo Földenyi bringt die "Nachtseiten der Malerei" an den Tag. Seine auch auf Deutsch erschienenen Unterschungen zu Caspar David Friedrich, Francisco Goya und William Blake (mehr beim Verlag) sind jetzt in einem einzigen Band zusammengefasst. Die Literaturtheoretikerin Magdolna Orosz findet das Buch großartig und die Kunst der Romantik höchst aktuell. Um 1800 sei nichts weniger passiert als die "Fundierung unserer heutigen Kultur durch ein neues Weltbild": In den Landschaftsbildern Friedrichs entdeckt sie die "Suche nach Religion und dem Glauben", in Goyas "Saturn" "die Selbstzerstörung des mit Gott und der Welt entzweiten, von sich selbst entfremdeten Menschen" und in William Blakes "Newton" "die illusorische Weltschöpfung der in sich selbst versunkenen Vernunft".
Freiheit der Literatur contra Freiheit der Presse: Die Literaturkritikerin und Übersetzerin Lidia Nadori resümiert die langen Debatten der deutschen Feuilletons über Autorschaft und Authentizität von "Eine Frau in Berlin" der Anonyma.
Express (Frankreich), 06.01.2005
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In einem langen, "nicht ohne Kalkül" gewährten Interview, das äußerst ausführlich auf die gegen seine Bücher und vor allem seine politischen Einschätzungen erhobenen Vorwürfe eingeht, bezieht BHL Stellung. In einer Passage erklärt er, warum er zunächst überlegt hatte, gegen die Biografie vorzugehen, es dann aber lieber sein ließ: "Sie kennen den Satz von Cioran: 'Ich habe mich immer gefragt, wieso das Risiko, einen Biografen zu haben, uns nicht vom Leben abschreckt.' Ein bisschen ist es so. Die Vorstellung, dass sich irgendein Typ an deine Fersen heftet, hat etwas ziemlich Unerträgliches, dass er dein gesamtes Tun und Treiben belauert, und vor allem, was das Schlimmste ist, hartnäckig versucht, allem einen Sinn zu geben. ... Als ich kapiert habe, dass ich alles tun sollte, um ihm die Arbeit ein bisschen schwerer zu machen, habe ich beschlossen, ihn zu treffen, um ihn wenigstens daran zu hindern, bestimmte Dummheiten zu sagen." Die Veröffentlichung allerdings habe er nicht zu verhindern versucht: "Ich bin kein Zensor. Und ich bin, Entschuldigung, der bessere Stratege."
Foreign Affairs (USA), 01.01.2005
In einem Essay für die Zeitschrift Foreign Affairs, der allerdings nur in der New York Times zu lesen ist, fordert der amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama eine sicherheitspolitische Neuordnung Südostasiens. Die Institutionen des Kalten Krieges wie Asean oder die Sechs-Parteien-Gespräche taugen nicht mehr für Probleme wie Nordkoreas Atomprogramm, die Spannungen zwischen China und Taiwan und den islamistische Terrorismus, meint Fukuyama. Eine brauchbare Organisation "wird es allerdings erst geben, wenn sich Präsident George W. Bush entscheidet, die Initiative zu ergreifen. Der Beginn einer neuen Amtszeit gibt Bush und seiner Regierung die Gelegenheit, ihre langfristige politische Architektur zu überdenken. Die einzige verbleibende Supermacht zu sein, verleiht einem Verantwortung für das globale Allgemeinwohl. Es bedeutet nicht nur, harte militärische Macht gegen Schurkenstaaten auszuüben, sondern auch die internationale Umgebung in Voraussicht auf neue politische Erfordernisse zu gestalten. Die USA haben sich nach 1945 dieser Herausforderung gestellt. Sie sollten dies auch in der Welt nach dem 11. September tun."
Plus - Minus (Polen), 08.01.2005
Im Gespräch mit dem Magazin der Rzeczpospolita rät der Politologe und frühere Sicherheitsberater von Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, den USA, wieder stärker auf die Verbündeten zu hören. Obwohl Brzezinski am Willen der US-Regierung zweifelt, Anführer statt Hegemon sein zu wollen, sieht er die Zukunft in einem nuancierten System von Bündnissen: "Die USA haben die historische Chance, ihre Hegemonie in ein globales System umzuwandeln, in dem sie immer noch eine sehr wichtige Rolle spielen werden, aber die Entscheidungen in größerem Kreise getroffen werden. Andernfalls werden sie immer isolierter und die Welt droht, in Chaos und Anarchie zu versinken". Seiner Meinung nach wird sich China, das in Fernost geschickter agiere als Russland auf dem Gebiet der früheren UdSSR und sich die Unterstützung kleinerer Länder sichere, künftig zu einer auf Disziplin basierenden "Polizeidemokratie" entwickeln und selbstbewusst seine Größe ausspielen.
Anlässlich des Kinostarts seines neuesten Films "Life is a miracle" erzählt der Regisseur und Musiker Emir Kusturica von seiner Unfähigkeit, mit der realen Welt umzugehen. "Ich bin auf die Phantasie angewiesen. Jedes Mal wenn ich versuche, auf dem Boden zu bleiben, und zu denken, dass zwei und zwei vier ist, klappt es nicht. Ich glaube nicht an die Welt, weil sie der Hoffnung beraubt wurde. Früher verdankten die Menschen ihre Ideale und Perspektiven der Religion. Welche Ziele haben wir heute? Ein bequemes Leben? Ein besseres Auto als der Nachbar?" Kusturica, der einem friedlichen Ideal von Jugoslawien nachtrauert und sich in seiner Heimatstadt Sarajewo nicht mehr wohl gefühlt hat, verrät im Interview, dass er sein ganzes Geld investiert, um in Serbien eine Dorfutopie mit dem Namen Kustendorf aufzubauen.
Anlässlich des Kinostarts seines neuesten Films "Life is a miracle" erzählt der Regisseur und Musiker Emir Kusturica von seiner Unfähigkeit, mit der realen Welt umzugehen. "Ich bin auf die Phantasie angewiesen. Jedes Mal wenn ich versuche, auf dem Boden zu bleiben, und zu denken, dass zwei und zwei vier ist, klappt es nicht. Ich glaube nicht an die Welt, weil sie der Hoffnung beraubt wurde. Früher verdankten die Menschen ihre Ideale und Perspektiven der Religion. Welche Ziele haben wir heute? Ein bequemes Leben? Ein besseres Auto als der Nachbar?" Kusturica, der einem friedlichen Ideal von Jugoslawien nachtrauert und sich in seiner Heimatstadt Sarajewo nicht mehr wohl gefühlt hat, verrät im Interview, dass er sein ganzes Geld investiert, um in Serbien eine Dorfutopie mit dem Namen Kustendorf aufzubauen.
Espresso (Italien), 14.01.2005
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Weitere Artikel: Lorenzo Soria erklärt sich die Menge an filmischen Musikerbiografien mit Nostalgie und unserem Identifikationsbedürfnis in schweren Zeiten. Denn meist endet die Karriere der kinotauglichen Idole wie Kurt Cobain oder Janis Joplin tragisch und frühzeitig: "Unser Unglück wird gelindert, wenn wir den Untergang unserer Helden miterleben." Cesare Balbo kündigt Martin Scorceses Howard-Hughes-Streifen The Aviator als Geschichte eines Mannes an, der zum Glück nicht nur schnelle Flugzeuge, sondern auch schöne Frauen liebte. Alberto Dentice feiert Bob Dylan und dessen Autobiografie "Chronicles".
In der Titelgeschichte berichtet Gianni Perrelli aus Sri Lanka, wo die Katastrophe das Ende des Krieges einläuten könnte. Leider nur gedruckt gesteht Woody Allen im Interview seine Bewunderung für Pirandello und Tschechow.
New Yorker (USA), 17.01.2005
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Weiteres: Rebecca Mead beschreibt den mühsamen Job, den die Bibliothekare der New-York Historical Society haben: sie versuchen auch noch entlegenste Fragen zur Stadtgeschichte zu beantworten. Margaret Talbot besucht die "wundervolle Welt" des Regisseurs, Animators und Manga-Schriftstellers Hayao Miyazaki. Billy Frolick erinnert sich in einer Glosse nur bedingt wehmütig an das Jahr 1992 ("Zusammenfassend kann gesagt werden, dass 1992 eindeutig eine sehr verwirrende, schwierige Zeit war, um in Amerika zu leben"). Zu lesen ist außerdem die Erzählung "The Juniper Tree" von Lorrie Moore.
Besprochen werden zwei neue Biografien über Leonardo da Vinci, eine Biografie über den englischen Autor Christopher Isherwood, die Kurzbesprechungen widmen sich unter anderem der Lebensgeschichte von Helle Nice, einer französischen Rennfahrerin, die in den 1920ern Furore machte und später der Kollaboration mit den Nazis beschuldigt wurde. Nancy Franklin stellt die TV-Serie "Desperate Housewifes" vor. Sasha Frere-Jones schreibt über die Auftritte alternder Rockstars im vergangenen Jahr. Und Anthony Lane sah im Kino "The Life Aquatic with Steve Zissou? von Wes Anderson mit Bill Murray in der Hauprolle.
Nur in der Printausgabe: das Porträt eines Hotelkochs, eine Reportage über einen Staatsanwalt, der den Fall eines zum Tode Verurteilten zu manipulieren versucht, und Lyrik von Louise Glück und Seamus Heaney.
Gazeta Wyborcza (Polen), 08.01.2005
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Economist (UK), 07.01.2005
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Ein Artikel erklärt uns, warum es nicht absurd ist, dass das winzige Luxemburg zum 10. Januar den Vorsitz über die 25 EU-Staaten übernimmt. Schließlich sind die Luxemburger mit ihrem "fast zwanghaften Streben nach Konsens" alte Hasen in Sachen Europa. Eine gewisse Komik kann der Economist der Situation jedoch durchaus abgewinnen, betrachtet man die Verhältnismäßigkeiten: "Wenn Präsident Bush nächsten Monat zu Besuch nach Brüssel kommt, ist sein Gegenüber der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker. Das ist, als ob die USA beschließen würden, dass für die nächsten sechs Monate alle ausländischen Staatsoberhäupter mit dem Bürgermeister von Fresno, California verhandeln müssten."
In weiteren Artikel ist zu lesen, wie mit der zunehmenden sprachlichen Integration in der kanadischen Provinz Quebec auch die Spannungen zwischen frankophoner und anglophoner Gemeinschaft nachlassen, dass das Copyright vieler Rock-Oldies sehr zum Ärger ihrer Interpreten demnächst frei wird, warum die geplante Lockerung bei der Vergabe von Alkohol-Lizenzen den Briten zunehmend Kopfschmerzen bereitet, und warum den US-Kongress eine - wie der chinesische Fluch besagt - "interessante" (sprich: riskante) Legislaturperiode erwartet. Schließlich gratuliert der Economist dem Dubliner Abbey Theatre zum 100. Geburtstag.
Foreign Policy (USA), 01.01.2005
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Nepszabadsag (Ungarn), 07.01.2005
Die Ukraine und Serbien sind Ungarns einzige Nachbarländer, die noch keine Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft haben. Die ungarischen Minderheiten in diesen Ländern leben in Armut und werden zugleich mehr und mehr von ihren Landsleuten im Kernland isoliert. Der Schriftsteller Istvan Eörsi überlegt, was man dagegen tun könnte: "Sollen sich die Ungarn in der Vojvodina und in den unteren Karpaten an Stelle des Westens einen lebenswerten Osten erfinden? Selbst wenn das ginge, würden sie sich von ihrer eigenen Kultur distanzieren. Wie könnte eine Aufholstrategie ausgearbeitet werden, die von den in ihren Ländern herrschenden Mehrheiten geduldet würde? Mit welchen Maßnahmen kann der dramatischen Beschleunigung ihres Rückstands entgegengewirkt werden, wenn wir 2007 dem - für die Mitgliedstaaten zwar vorteilhaften, aus menschenrechtlicher Sicht jedoch sehr problematischen - Schengener Abkommen beitreten, und die bilateralen Abkommen ungültig werden?"
Outlook India (Indien), 17.01.2005
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In einer zweiten Besprechung macht der britische Reporter Mark Tully auf eine tatsächliche Biografie aufmerksam: Uma Mesthries Würdigung ihres Großvaters Manilal Gandhi, der wenig bekannte Sohn des Mahatma, der die Arbeit seines Vaters in Südafrika fortsetzte, Einfluss auf den Kampf des ANC nahm und so zu einem der geistigen Väter der Politik von Truth and Reconciliation wurde.
Der Schwerpunkt der Ausgabe liegt auf den Nachwirkungen des Seebebens. Andreas Harsono beschreibt, wie in der indonesischen Provinz Aceh, der am schlimmsten betroffenen Region, religiöse und ethnische Antagonismen sowie Korruption die dringend benötigte Hilfe beeinträchtigen. So hat der indonesische Vizepräsident Jusuf Kalla die schnelle Adoption von verwaisten Kindern unterbunden, um zu verhindern, dass womöglich nichtmuslimische Familien muslimische Kinder bei sich aufnehmen; währenddessen kontrolliert das Militär nach eigenem Gutdünken die Verteilung - oder Einbehaltung - von Hilfsgeldern. Saikat Datta war auf der Inselgruppe der Andamanen und Nicobaren (Karte) unterwegs und berichtet von Fehlern und Verzögerungen bei der Hilfeleistung, aber auch vom Zusammenrücken verschiedenster Menschengruppen. Und von dem Mädchen Tsunami, das in einem Flüchtlingscamp das Licht einer aus den Fugen geratenen Welt erblickte: "Sie ist die wahrscheinlich einzige Person, die bei der Nennung des Wortes lächeln wird."
Magyar Narancs (Ungarn), 06.01.2005
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Policy Review (USA), 01.12.2004
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Al Ahram Weekly (Ägypten), 06.01.2005
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Rania Khallaf hat sich bei Mohamed Hashem, dem Chef des wichtigsten unabhängigen ägyptischen Verlages Miret, über das Verlagsprogramm 2005 informiert: politische Schriften, junge und experimentelle Prosa und Poesie, und - Hashems Mitbringsel aus Frankfurt - eine Übersetzung von Elfriede Jelineks "Die Klavierspielerin". Generell, sagt Hashem, verfolgen wir keine bestimmte Politik, aber obwohl wir eines der wenigen liberalen, linksorientierten Foren in der arabischen Welt sind, bestehen wir darauf, unsere Identität zu bewahren, die definiert ist durch den Hass auf Israel und den Kolonialismus ..." (Da hat er mit Jelinek aber kräftig daneben gegriffen!)
New York Times (USA), 09.01.2005
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Weitere Artikel: Ted C. Fishman glaubt nicht, dass die chinesische Produktpiraterie bald eine Ende haben wird. Denn sie nützt Partei und Wirtschaft. Iain Webb stellt den britischen Accessoire-Designer Judy Blame vor, dessen postpunkiger Charme bis nach Amerika vorgedrungen ist. Deborah Solomon fragt Christine Gregoire, die neue Gouverneurin von Washington, wie es ist, mit handausgezählten 0,0046 Prozent Vorsprung zu gewinnen.
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Weitere Artikel: Der Englischprofessor William Deresiewicz verteidigt in einem Essay die englische Sprache gegen ihre selbsternannten Wächter: "So etwas wie Korrektes Englisch gibt es nicht und hat es nie gegeben." Den Wächtern bescheinigt er: "Linguistischer Snobismus wird geschürt durch die soziale Unsicherheit von Emporkömmlingen." Wenig begeistert ist Alan M. Dershowitz von John Grishams neuem Werk "The Broker": Ein "fachmännischer" Spionageroman, mehr nicht. (Hier eine Leseprobe.) Und Charles McGrath erlebt dank Wayne Coffeys "The Boys of Winter" (Leseprobe) ein berühmtes Gefecht des Kalten Kriegs noch einmal ganz genau: den Sieg der Amerikaner über die Sowjetunion im Eishockeyfinale der Olympischen Spiele 1980.