9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Medien

2009 Presseschau-Absätze - Seite 1 von 201

9punkt - Die Debattenrundschau vom 30.04.2024 - Medien

In einem offenen Brief in The Free Press hatte Uri Berliner, seit 25 Jahren Redakteur bei National Public Radio (NPR), den "woken anwaltschaftlichen Journalismus" des öffentlichen Rundfunks kritisiert, schreibt Marc Neumann, der in der NZZ befürchtet, dass das Programm des Senders unter der neuen Chefin Katherine Maher noch extremer wird: "Die ehemalige Stiftungsdirektorin der Wikimedia Foundation (...) hatte vorher noch nie im Journalismus gearbeitet. Nun hat der rechtskonservative Aktivist Christopher Rufo das X-Konto (vormals Twitter) von Maher durchforstet. Ihre Posts sind eine Fundgrube progressiv-absurden, tugendhaften Denkens. So gibt es für Katherine Maher viele verschiedene Wahrheiten. Die verfassungsmäßig zugesicherte Redefreiheit, die Grundlage für die journalistische Arbeit, ist für sie ein Problem, da sie auch Desinformation zulasse (…) Dann wieder hat Maher die Wahrheit gepachtet: Hillary Clinton etwa soll nicht von 'Buben und Mädchen' sprechen, da dies nonbinäre Menschen ausradiere. Am Martin-Luther-King-Feiertag stimmte Maher dem Autor Ta-Nehisi Coates zu, für den Amerika auf der 'Plünderung Schwarzer' gegründet ist, weshalb dem Land Reparationszahlungen gut anstünden."

Auf den Medienseiten der SZ plädiert Nils Minkmar dafür, Vertreter rechtsextremer Parteien nicht mehr in öffentlich-rechtliche Talkshows einzuladen: "Eine Talkshow ist kein Ort der Wahrheitsfindung, sondern der Repräsentation. Fernsehen ist ein Forum, aber eben auch immer Schaufenster. Was hier geboten wird, ist, wenn es nicht explizit ausgeschlossen wird, zur Nachahmung empfohlen."
Stichwörter: Npr, Wokeness, Maher, Katherine

9punkt - Die Debattenrundschau vom 29.04.2024 - Medien

Der Rundfunkbeitrag soll nicht erhöht werden, aber die Öffentlich-Rechtlichen sollten dafür klagen, findet Claudia Tieschky in der SZ. Ist die Klage erfolgreich, müssten sich nämlich die eigentlichen Verantwortlichen für die Krise des ÖRR erneut Gedanken machen: Und das seien die Bundesländer. "Es ist wirklich nicht so kompliziert. Die Länder könnten, wie gesagt, als Gesetzgeber jederzeit die Zahl der Sender in Deutschland halbieren - das würde den Beitrag senken. Das tun sie nicht. Medienpolitik braucht Einstimmigkeit, und irgendwer hat immer Standortinteressen. Was sie tun, aber nach allen Regeln der Rechtsstaatlichkeit nicht dürfen: jahrelang nichts ändern, sich darüber ärgern, zur Strafe das eigene Rundfunkmodell nicht finanzieren - und das als energische Politik verkaufen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.04.2024 - Medien

Am Freitag wird zum 60. Mal der Grimme-Preis vergeben, der Grimme Online Award, mit dem im Jahr 2003 auch der Perlentaucher ausgezeichnet wurde, fällt hingegen aus Kostengründen weg, berichtet Harald Hordych in der SZ. Beim Institut in Marl erfuhr man dies allerdings erst vor zwei Tagen. "Zur Erinnerung: Ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2023 war das Institut in eine schwere finanzielle Krise geraten. Drei Millionen Euro beträgt der reguläre Etat. 323.000 Euro mehr hatte das Institut ausgegeben. Das Minus zog einen monatelangen Nervenkrieg nach sich, in dem es darum ging, ob die finanziellen Probleme nur durch einen massiven Personalabbau und rigides Sparen an den Leistungen künftig behoben werden können."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.04.2024 - Medien

Die Hamburger Morgenpost erscheint nur noch einmal die Woche gedruckt, ansonsten online, meldet der Wirtschaftspublizist Hermannus Pfeiffer mit Bedauern in der FR, der näheres von Chefredakteur Maik Koltermann erfährt: "Das neue Kapitel, welches der Verlag am 12. April aufschlug, wurde getrieben von stetig gestiegenen Pro-Stück-Kosten für die Erstellung und den Vertrieb der täglichen Printausgabe, erklärt Koltermann und verweist stattdessen auf mopo.de. Dort liegen viele Artikel hinter einer Bezahlschranke. Online würden sich bis zu 450 000 Menschen täglich über die aktuelle News-Lage informieren - das neue, 104 Seiten starke Wochen-Mopo-Format sei die optimale Ergänzung zu diesem Digitalangebot, versichert Koltermann. Die Ergänzung kostet mich bei meinem Zeitungshöker 4,80 Euro. Eine andere Mopo-Welt, welche auf einen Teil der etwa 100 Beschäftigten in Verlag und Redaktion verzichten wird. Ein weiterer Schlag für den Printstandort Hamburg, nach dem Zusammenschluss der Kölner Bertelsmann-Tochtergesellschaft RTL Deutschland mit der Hamburger Verlagsikone Gruner + Jahr."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.04.2024 - Medien

Das "World Press Photo" wird durch eine niederländische Stiftung ausgewählt. In diesem Jahr wird wie so oft bei prämierten Pressefotos eine trauernde Frau gezeigt, die ein totes Kind in einem Leichentuch im Arm hält - es handelt sich um eine Szene aus Gaza. Thomas Schmid wertet den Preis in der Welt (und in seinem Blog) als "die Indienstnahme eines Moments großer Trauer für eine im Grunde politische Aussage", also die Instrumentalisierung palästinensischen Leids, um Hass auf Israel zu schüren. "Zu einem Skandal wird die diesjährige World-Press-Photo-Award-Veranstaltung aber durch ein Fehlen, eine Unterlassung, eine Leerstelle. Es passierte im vergangenen Jahr viel Furchtbares, das durch Fotografien festgehalten werden sollte. Zu diesem Furchtbaren gehörte auch die Hamas-Mordaktion vom 7. Oktober 2023. ... Und anders als beim Holocaust waren die Täter keineswegs bemüht, ihr Morden vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Sie wollten die Welt teilhaben lassen an ihrem Wüten. Sie filmten, sie dokumentierten ihre Taten und stellten sie ins Netz. Noch Tage wie Wochen später waren die Spuren dieser Mordaktion zu sehen und zu besichtigen: Blut, Leichenteile, zerstörte Wohnungen, verwaiste Dreiräder. Viele Fotografen haben sie dokumentiert. Doch die Stiftung 'World Press Photo' hielt keine dieser Aufnahmen einer Anerkennung für würdig. Die Hamas-Morde kommen in dieser ästhetisierenden parteiischen Foto-Welt einfach nicht vor." (Anm. d.Red: Ein Foto vom 7. Obktober wurde doch in die Auswahl des Award aufgenommen, siehe Leserkommentar unten.)

Außerdem: In der taz berichtet Wilfried Urbe über sehr viel Ärger im Kölner Zeitungs- und Verlagshaus Dumont, gerade hat die Belegschaft ihren siebten Warnstreik in diesem Jahr beendet.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.04.2024 - Medien

In der FAZ rechnet Helmut Hartung vor, was die Sanierung der Immobilien der Öffentlich-Rechtlichen kosten soll: "Die Sanierung der Deutschlandradio-Standorte in Köln und Berlin für 356,3 Millionen Euro ist nur die Spitze des intransparenten Immobilienberges, den die öffentlich-rechtlichen Sender auf Kosten der Beitragszahler sanieren oder erweitern lassen. Insgesamt haben der Bayerische Rundfunk, der NDR, der SWR, der WDR, das ZDF und das Deutschlandradio laut 24. KEF-Bericht Großinvestitionen von insgesamt 770,2 Millionen Euro angemeldet. (…) Zu den fragwürdigen Investitionen gehört auch die Sanierung des Kölner Filmhauses des WDR." Die Finanzkommission KEF fordert entsprechend ein besseres Immobilienmanagement: "In einem sofortigen Quickcheck soll unter anderem die Schaffung vollständiger Datengrundlagen, eine Potentialabschätzung sowie die Entwicklung von Handlungsalternativen erfolgen. Alle Rundfunkanstalten müssen bis Ende dieses Jahres eine einsparorientierte Immobilienstrategie erarbeiten, die den Flächenbedarf sowie eine Planung der Flächenbedarfsdeckung enthält."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.04.2024 - Medien

Auf Twitter polarisiert "Tagesthemen"-Anchorman Ingo Zamperoni wegen seiner Anmoderation zum iranischen Angriff auf Israel

Doch nicht nur Ingo Zamperoni steht nun massiv in der Kritik, schreibt Kurt Sagatz im Tagesspiegel. Auch ARD und ZDF werden dafür kritisiert, nicht von ihrem normalen Programm, "Wer weiß denn sowas XXL" und "Das aktuelle Sportstudio", abgewichen zu sein, hieß es Samstagabend laut Sagatz bei X. "'Deutsche Nachrichtenlandschaft geht weiter nach Plan, weder ntv, Welt24 noch ARD/ZDF interessieren sich für den Angriff des Iran. Bestenfalls unten im Ticker. Man muss BBC oder CNN schauen, um über die aktuelle Lage Infos zu bekommen', bemängelt ein anderer Nutzer, der mit seiner Kritik nicht allein dasteht."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 10.04.2024 - Medien

Die vom SWR entlassene Moderatorin Helen Fares (unser Resümee) hat auf Instagram ein Statement zu ihrer Kündigung abgegeben, so Susanne Lenz in der Berliner Zeitung, in dem sie behauptet, der Grund für ihre Kündigung seien rechte Stimmen beim Sender. Sie verteidigt ihre Haltung zu Israel und ihre Nutzung der App "No Thanks": "Eines wolle sie klarstellen: 'Wir sind nicht antisemitisch, weil wir Produkte boykottieren, mit denen ein Land unterstützt wird, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Völkermords verantworten muss', sagt Helen Fares. Israel habe in Gaza Zehntausende 'abgeschlachtet'. Dass Hamas-Terroristen Israelis vergewaltigt und brutal ermordet haben, davon ist bei ihr nicht die Rede. Sie verteidigt den Boykott als übliche Protestform."
Stichwörter: Hamas

9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.04.2024 - Medien

Helen Fares, SWR-Moderatorin mit syrischen Wurzeln, hat per Instagram und X die App "No Thanks" beworben, über die man erkennen kann, ob ein Produkt aus Israel stammt oder der Hersteller israelische Unternehmen unterstützt.  Der Autor und Journalist Hasnain Kazim twittert: "Das ist 'Kauft nicht bei Juden!' im Jahr 2024. Wahnsinn".


Inzwischen hat der SWR Fares von der Moderation der Sendung "Mixtalk" entbunden, weiß Christian Meier in der Welt: "Wer unterschiedslos, diskriminierend und geschichtsvergessen Boykotte ausruft und unterstützt, schließt sich selbst aus dem zivilen Diskurs aus.

Hinter der App, die allein für Android über eine Million Downloads verzeichnet, steht der palästinensischer Software-Entwickler Ahmed Bashbash, schreibt Christoph Kapalschinski, der auf den Wirtschaftsseiten der Welt die App vorstellt: "Per Foto vom Strichcode eines Produkts warnt die App vor Unternehmen, die angeblich Israel im Gaza-Krieg unterstützen. Dabei reicht es aus, dass ein Unternehmen Läden in Israel betreibt, im Konzernverbund schon einmal in dem Land investiert oder auch nur den Terror-Überfall der Hamas auf Israel im Oktober 2023 verurteilt hat. Entsprechend breit ist die Warnliste. Sie umfasst längst nicht nur Unternehmen und Produkte aus Israel, sondern reicht von Nike über Mars und Unilever bis Coca-Cola. Auch deutsche Unternehmen sind dabei."
Stichwörter: Fares, Helen, SWR, Hamas

9punkt - Die Debattenrundschau vom 06.04.2024 - Medien

Ja, es gibt eine Menge zu kritisieren an den Öffentlich-Rechtlichen, schreibt Götz Hamann auf Zeit Online. Bei dem nun veröffentlichten Manifest wird ihm dennoch mulmig zumute, nicht nur, weil viele der Erstunterzeichner mit besten Renten ausgestattete ehemalige Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind. Irritiert ist Hamann vor allem davon, dass das Manifest das journalistische Format des Faktenchecks ablehnt, "wie es ARD, ZDF und Deutschlandradio praktizieren. Dabei ist das der Versuch, kursierende Lügen, Desinformationen und Bildmanipulationen in sozialen Medien aufzudecken. Es ist der Versuch, so etwas wie eine Faktenbasis, eine gemeinsame Wirklichkeit zu erhalten, auf deren Grundlage die Gesellschaft ihre politischen Auseinandersetzungen führen kann. Dieses Bemühen wird in dem Manifest als 'so genannte Faktenchecks' disqualifiziert. Diese würden eine 'vermeintlich absolute Wahrheit' suggerieren. Wer so argumentiert, rückt das Format des Faktenchecks in die Nähe von Gehirnwäsche. Und mal anders gefragt: Was wäre Journalismus eigentlich ohne Fakten?"

Ein Verbot von Al Jazeera in Israel ist der falsch Weg, meint Felix Wellisch in der taz: "Was die Sicherheit Israels gefährdet, ist nicht die freie Presse, auch wenn sie derart parteiisch berichtet wie Al Jazeera. Gefährlich sind die Informationsblasen, in denen sich viele Palästinenser und Israelis eingerichtet haben. Und gefährlich ist das Unverständnis vieler Israelis für die wachsende Kritik weltweit am Vorgehen der Armee in Gaza."