Richard Herzinger
publiziert auf seinem Blog eine Rede, die er zum
Jahrestag der deutschen Niederlage am sowjetischen Mahnmal in Berlin-Treptow vor einer Gruppe russischer Oppositioneller gehalten hat. Gesprochen hat er über Putins obszönen
Missbrauch der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg: "Die ganze Perfidie und Verlogenheit der '
antifaschistischen'
Camouflage des Kreml wird daran deutlich, dass er in Wahrheit der wichtigste finanzielle und propagandistische Förderer sowie ideologische Einflüsterer
der extremen Rechten in Westeuropa ist. Um seine 'antinazistische' Maske passend zu machen, muss Putin indes zentrale Teile der
historischen Wahrheit aus der Geschichte tilgen. So etwa die, dass der
Hitler-Stalin-Pakt von 1939 der NS-Kriegsmaschinerie überhaupt erst den Weg zur Invasion Polens geebnet hat, wofür sich die Sowjetunion mit der Besetzung und brutalen Unterwerfung Ostpolens sowie der gewaltsamen Einverleibung der baltischen Staaten schadlos hielt."
An
Josip Broz Tito, dem ehemaligen Staatsoberhaupt Jugoslawiens, scheiden sich heute die Geister,
berichten Ksenija Cvetković-Sander und Martin Sander in einer Reportage für die
NZZ: "Besonders für Touristengruppen aus dem Ausland ist Tito eine Attraktion. Unter den Einheimischen sind die Meinungen über ihn streng geteilt. Die Trennlinie verläuft zwischen dem größtenteils
bosniakischen Osten und dem überwiegend
kroatischen Westen." Nirgendwo zeige sich das deutlicher, als an dem vom Belgrader Architekten
Bogdan Bogdanović entworfenen
Partisanenfriedhof in Mostar, der immer wieder mutwillig beschädigt werde. "Die politische Verantwortung tragen die nationalkroatischen Politiker der Stadt, für die das Werk nur eine
lästige Erinnerung an die Einheit und Brüderlichkeit der jugoslawischen Völker darstellt. Der 2010 im Wiener Exil verstorbene Bogdanović war nicht nur Architekt und Denkmalbauer, sondern auch ein ziemlich liberaler jugoslawischer Kommunist. In den achtziger Jahren hat er als Bürgermeister von Belgrad amtiert, bis die reformorientierte Parteiführung der damaligen jugoslawischen Teilrepublik Serbien von den Nationalkommunisten um Slobodan Milošević in die Wüste geschickt wurde. Heute, unter der Präsidentschaft von Aleksandar Vučić, hat sich der
faschistoide Nationalismus von Milošević in Serbien erneut verfestigt, während die marxistischen Lehren der Tito-Ära einem
putinesken Mystizismus gewichen sind."